Spezial


Rund um den Tüttensee bei Traunstein

Die Kontroverse um die Entstehung des Tüttensees auf dem Gebiet der Gemeinden Grabenstätt und Vachendorf im Chiemgau sorgte vor einigen Jahren für überregionale Schlagzeilen. Lange bestand Konsens darüber, dass es sich – wie bei so vielen anderen kleinen Seen und Tümpel in der Region – um ein „Toteisloch“ handelt, also ein Überbleibsel aus der letzten Eiszeit. Inzwischen konkurriert diese konservative Sicht mit der These einer Geologentruppe, die das beschauliche, von Wäldern umgebene Gewässer für einen Meteoriteneinschlag hält. Seither stehen sich Gegner und Befürworter der Theorie ziemlich unversöhnlich gegenüber. Lokalpolitiker und Tourismusbehörden griffen die Meteortheorie jedoch begierig auf und ließen vor Ort plakative Schautafeln aufstellen … Wir werden sie uns anschauen! Wie immer er entstanden ist – heute ist der Tüttensee ein beliebtes Naherholungsgebiet, das auch dem Naturfreund einiges zu bieten hat: Die Uferzone zeigt verschiedene Verlandungsphasen, teilweise mit Niedermoor-Charakter und der entsprechenden Vegetation. An den Wegen und entlang der Bäche wachsende Kräuter verarbeiten wir an einem schönen Plätzchen zu Wildgemüse, leckeren Aufstrichen, Blütenbutter und wohlschmeckendem Tee.

Tipps zum Sammeln und Konservieren, Rezepte für Hauptgerichte, Nachspeisen und Getränke, sowie Informationen über die Inhaltsstoffe der gefundenen Kräuter runden die Exkursion ab. 

Ausrüstung: Feste Schuhe, Sonnen- und Mückenschutz und kleine Zettel zum Beschriften der gesammelten Pflanzen mitbringen und auch an ein Trinkglas oder einen Becher denken.




Das Hietzinger Cottageviertel und die Werkbundsiedlung

Das Vergnügungsgelände „Neue Welt“ im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing wurde Ende des 19. Jahrhunderts parzelliert und zu einem der begehrtesten Villenviertel der Stadt. Das Großbürgertum und Kulturschaffende ließen hier Wohnhäuser errichten. Neben großzügigen Bauten des Historismus entwarfen Josef Hoffmann und Jože Plečnik Wohnhäuser im Jugendstil. Adolf Loos und Josef Frank errichteten hier Villen der Moderne. Wir besichtigen außerdem die Werkbundsiedlung. Die erste Architektin Österreichs, Margarete Schütte-Lihotzky, der später in Los Angeles tätige Wiener Architekt Richard Neutra und der niederländische Architekt und Designer Gerrit Rietveld erbauten, neben anderen, die Mustersiedlung als Alternative zu den als Superblocks bezeichneten Gemeindebauten des „Roten Wien“. In den vergangenen zehn Jahren wurden diese Gebäude, die eine in Österreich einzigartige Fülle an Formen der Internationalen Moderne der Zwischenkriegszeit aufweisen, aufwendig saniert. In Hietzing finden wir auch eine „amerikanische“ Fertigteilhaus-Mustersiedlung von Roland Rainer und Carl Auböck aus den frühen 1950er Jahren.




Rund ums Belvedere

Um 1700 erlebte Wien einen nie dagewesenen Bauboom. Rund um die Stadtmauern entstand in nur wenigen Jahren ein Ring prachtvoller Gartenpalais. Das berühmteste unter ihnen, das Schloss Belvedere, feiert im Jahr 2023 seinen 300. Geburtstag. Das heute als Museum genutzte Schloss blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück: Im 18. Jahrhundert war es Sommerresidenz des Prinzen Eugen und ein Ort ausschweifender Festlichkeiten, wie der Hochzeit Marie Antoinettes. Um das Jahr 1900 war es die Residenz des Thronfolgers Franz Ferdinand. Ab 1903 beherbergte es die Moderne Galerie, das erste Museum für zeitgenössische Kunst in Österreich, und nach dem Ende der Monarchie die Österreichische Galerie. Wir besuchen die Jubiläumsausstellung und die barocken Gärten. Danach begeben wir uns auf eine Entdeckungstour zu den angrenzenden Bauten im Viertel, wie zur hochbarocken Anlage des Salesianerklosters, das für Wilhelmine Amalie, der Witwe Josefs I, errichtet wurde, und zur Gardekirche, einem wichtigen Bau des Rokoko. In direktem Anschluss an das Schloss Belvedere liegt das Palais Schwarzenberg. Im Botschaftsviertel befinden sich spannende Bauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in denen unter anderem der Architekt Josef Hoffmann, der Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal und die „rote Erzherzogin“ Elisabeth Petznek wohnten.




Bronzeskulptur des Manierismus in München

In den Jahrzehnten zwischen 1570 und 1620 hatte großformatige Bronzekunst neben Augsburg vor allem am Münchner Hof Konjunktur. Figürliche Bronzeplastik in großem Format hat grundsätzlich exklusiven Charakter – sie ist extrem kompliziert und extrem teuer. Es ist daher alles andere als selbstverständlich, dass es am bayerischen Herzogshof in München zur Herstellung von Bronzeplastiken nicht nur in großer Zahl und in teils bemerkenswerter Größe, sondern auch in überregional hoher künstlerischer Qualität kam. Denn weder verfügte der Münchner Hof über einen Star-Bildhauer wie ihn sich die Medici in Florenz mit Giambologna (1529-1608) sichern konnten, noch über entsprechend üppige Geldmittel. Doch äußerster politischer Ehrgeiz und günstige verwandtschaftliche Beziehungen führten schließlich zur Produktion spektakulärer, vielfiguriger Bronzebrunnen wie sie erst im Jahrzehnt zuvor von Giambologna und Bartolomeo Ammannati (1511-92) in Florenz entwickelt wurden. Daneben sind es insbesondere Denkmäler und Grabanlagen, die sich heute in der Münchner Jesuitenkirche und dem Dom, auf dem Marienplatz und in den Bronzesälen der Münchner Residenz in hervorragender Weise studieren lassen. Sie belegen, dass München ein erstrangiges Zentrum manieristischer Bronzeskulptur war.


* Änderungen vorbehalten


© Andreas Deusch 2023